Aus und vorbei – das lange Jubiläumsjahr beim SC Frankfurt-West

Es ist vorbei! Wir lehnen uns erschöpft zurück, versuchen uns zu entspannen und lassen uns noch mal durch den Kopf gehen, was wir in diesem Jubiläumsjahr so alles gepackt haben.

Es fing ganz harmlos an, als wir uns noch im Jahre 1998 im Vorstand darauf einigten, dass wir für unser 75-jähriges Jubiläum etwas machen sollten. Und zwar nicht „nur“ etwas ganz Großes wie die Chess Classic, sondern vielleicht mal was auf MTS-Ebene. Oder doch auf Hessen-Niveau? Eventuell auch eine Deutsche Meisterschaft? Oder nur etwas, um den Verein vorzustellen? Sollten wir vielleicht mal anstelle eines Schnell- ein Blitz- oder sogar ein Langturnier austragen? Fragen über Fragen!

Es kam, wie es kommen musste: Plötzlich war unser Terminkalender mit Veranstaltungen auf allen Ebenen und mit allen Spielweisen bestückt.

Das erste Mega-Event war unser Familienturnier am 1. Mai 1999. Die Idee war überaus charmant; es mussten 4er-Mannschaften spielen, innerhalb derer mindestens zwei Spieler miteinander verwandt waren. Einer musste über 60, ein anderer unter 18 Jahre alt sein. Als letzte Schikane wurde noch ein DWZ-Limit von 6666 gefordert, um die Bäume nicht in den Himmel wachsen zu lassen. Ursprünglich war ein rein vereinsinternes Schnellturnier geplant, aber die Idee gefiel uns selbst so gut, dass wir auch einige externe Mannschaften einluden.

Aus Hofheim kam die Familie Dengler mit vier Familienmitgliedern: Vater, Mutter, Sohn und Tochter. Da mit dem knapp vierjährigen Sohnemann Jonas das Jugendbrett adäquat besetzt war und keiner der übrigen glaubwürdig das Seniorenbrett spielen konnte, verstärkte die Familie sich noch mit Reinhard „Doc“ Zunker, dem frischgebackenen Hessenmeister der Senioren.

Dieser geballten Spielstärke hatten die Mannschaften des SC West ausser klingenden Mannschaftsnamen wie „Bonnaire – das Grauen“, „Zeilsheim Terminators“ oder „Die satanische FERSe“ nicht genug entgegenzusetzen und so wurde der Sieg in bester Gastfreundschaft an die Nachbarstadt abgetreten.

Gleich am nächsten Tag ging’s weiter mit der Hessischen Blitzeinzelmeisterschaft, bei der ebenfalls die Hofheimer dominierten. Es gewann Dr. Erik Zude vor Jochen Wege aus Steinbach und - wieder aus Hofheim – Stefan Eilers.

In den folgenden acht Wochen lief die heiße Vorbereitungsphase und Ende Juni war es dann soweit: Die Chess Classic 99. Wenn wir so ein Turnier im fünfundsiebzigsten Jubiläumsjahr hinlegen, mein Gott, was sollen wir dann im hundertsten machen?? Wir Organisatoren standen selber nachher kopfschüttelnd da und fragen uns „DAS sollen WIR gewesen sein?“. Wer sich vom Staunen anstecken lassen möchte, dem sei das Turnierbuch „Gipfeltreffen der Schachgiganten“, das im Dezember erschienen ist, empfohlen.

Nach der dringend benötigten Sommerpause feierten wir uns erst mal selber. Die akademische Feier fand im Hotel Lindner in Frankfurt-Höchst statt und ließ inhaltlich, musikalisch und gastronomisch keinerlei Wünsche offen. Einer der Höhepunkte war eine Art Schachrätselwettkampf, bei dem die Gäste die Züge der Beratungspartie Lobron/Kindermann gegen Jussupov/Gutman erraten sollten. In einem toten Rennen errieten die von Michael Tischendorf und Hartmut Metz geführte Mannschaft genau so viele Züge wie die von Ferdi Niebling und Karl-Heinz Bendler.

Im gleichen, sehr noblen Ambiente trugen wir dann auch an den zwei folgenden Tagen die Deutsche Schnellschachmeisterschaft aus. Hochspannung pur war angesagt, erst im Blitzstechen gegen die GM‘s Gutman und Kindermann konnte der Vorjahressieger IM Robert Rabiega seinen Titel verteidigen. Damit errang er gleichzeitig einen Freiplatz beim Masters 2000, der erste IM in diesem Turnier.

Im Herbst füllten wir dann die letzte Lücke: Lang-Schach. Partien, die länger als eine Stunde dauern! Unglaublich, was es alles gibt! Das mussten wir ausprobieren, also her mit den MTS-Meisterschaften! An zwei Wochenenden holte sich Oliver Uwira den Titel bei den Erwachsenen. Bei den Kindern hatte endlich auch mal unser eigener Verein ein Erfolgserlebnis: Ann-Kathrin Kolb wurde Mädchenmeisterin und Daniel Körnlein holte den Titel bei der U10. Was die Alten nicht schaffen, müssen halt die Jungen nachholen.

Den Ausklang bildete Mitte Dezember dann die MTS-Blitz-Einzelmeisterschaft, die - verdient und nicht ganz unerwartet – Helmut Kaulfuss vor Jochen Wege nach Hofheim mitnahm.

Und dann war’s vorbei, das Jubilläumsjahr. Und bis zum hundertsten ist ja noch ein bisschen Zeit.

Renate Niebling